Validierung von Produktionsanlagen für Medizinprodukte – die Funktionsqualifizierung / Operational Qualification (OQ)
Validierung von Produktionsanlagen für Medizinprodukte – die Funktionsqualifizierung / Operational Qualification (OQ)

In dem Blogartikel zum Thema „Qualifizierung von Produktionsanlagen für Medizinprodukte“ vom 28.02.2023 wurde das Qualifizieren einer Produktionsanlage erklärt. In diesem Artikel wird der erste Teil der Validierung „die Funktionsqualifizierung / Operational Qualification (OQ)“ im Detail erläutert. 

Was ist die Validierung? 

Die Validierung ist der objektive Nachweis, dass die Anforderungen für einen spezifischen Gebrauch oder eine spezifische beabsichtigte Anwendung erfüllt werden. Anders als bei der Qualifizierung werden nicht die Anforderungen an das Equipment, sondern die prozessspezifischen Anforderungen geprüft. Hierdurch wird durch den Medizinproduktehersteller bewiesen, dass der Prozess robust ist und beherrscht wird. Um diesen Nachweis zu liefern, werden i.d.R. zwei Phasen durchlaufen. Die Funktionsqualifizierung / Operational Qualification (OQ) und die Leistungsqualifizierung / Performance Qualification (PQ). In diesem Artikel wird die OQ näher beschrieben. 

Was ist das Ziel der OQ? 

Innerhalb der OQ ist es das Ziel den Prozess zu verstehen und zu prüfen, ob die Anforderungen unter „Worst-Case-Bedingungen“ eingehalten werden können. Es sollen dadurch Prozessrisiken aufgezeigt werden, um diese durch geeignete Maßnahmen zu minimieren. Ein möglicher „Worst-Case“ spiegelt die Kombination von kritischen Prozessgrenzen innerhalb der festgelegten Toleranzen wider. Dies könnte z. B. die in der Arbeitsanweisung geringste Reinigungszeit bei gleichzeitig geringster Reinigungsleistung sein. Die Prüfungen werden dabei meist anhand einer Kleinserienfertigung durchgeführt, wodurch die OQ keine Aussage zur Langzeitstabilität treffen kann. 

Wie sieht der traditionelle Ablauf der OQ aus? 

Besonders für komplexe Prozesse kann eine detaillierte Prozessentwicklung mit Parameterstudien hilfreich sein, um den Prozess besser kennenzulernen und Risiken durch einzelne Parameter oder Parameterkombinationen zu detektieren. Die hier gewonnen Kenntnisse sind nicht Bestandteil der OQ, können allerdings für die Erstellung des Prüfplans herangezogen werden. Innerhalb einer dokumentierten Vorgehensweise sollten kritische/unkritische Parameter sowie fixe/variable Parameter definiert werden. Hierdurch kann der Fokus des Inhalts der OQ auf Prozessschritte mit hohem Risiko gelegt werden und weniger risikobehaftete Prozessschritte können ggf. mit deutlich geringerem Umfang geprüft werden. Für die Bewertung des Risikos empfiehlt sich die Erstellung einer PFMEA. Dabei werden mögliche Fehler anhand ihrer potentiellen Auswirkung und Auftretenswahrscheinlichkeit faktorisiert. Diese Bewertung kann anschließend durch das Aufstellen von risikominimierenden Maßnahmen gesenkt werden. Anhand der Erkenntnisse aus der Prozessentwicklung und der PFMEA folgt die Erstellung des OQ-Prüfplans.  

Wie wird die Stichprobengröße gewählt? 

„Die Organisation muss Verfahren für die Validierung von Prozessen dokumentieren, einschließlich […]​d) soweit angemessen, statistische Methoden mit Begründung für Stichprobenumfänge […]“ (ISO 13485, Kapitel 7.5.6). 

Die Norm gibt damit vor, dass die Definition der Stichprobengröße zu dokumentieren ist, doch wie können Sie hierbei auditsicher vorgehen? 

Hierfür bestehen i.d.R. keine genauen Vorgaben, außer es gibt für die spezifischen Medizinprodukte besondere normative Anforderungen. Allgemein sollte eine risikobasierte Vorgehensweise herangezogen werden, bei der das Konsumentenrisiko (β-Risiko) im Fokus steht. Für variable Prüfungen kann die Stichprobengröße u.a. durch den in der ISO 16269-6 beschriebenen Ansatz bestimmt werden. Für attributive Prüfungen, bei den meist höhere Stichproben aufgrund des geringeren Informationsgehalts notwendig sind, kann der Stichprobeumfang anhand der RQL (rückweisenden Qualitätsgrenzlage) in Kombination mit dem Konfidenzintervall statistisch begründet werden. 

Wie erfolgt die Auswertung der OQ? 

Mit Abschluss der Durchführung gemäß dem OQ-Prüfplan, gilt es die Rohdaten auszuwerten. Hierbei werden die Ergebnisse der OQ-Chargenfertigung gegen die Anforderungen gestellt und geprüft, ob diese eingehalten wurden. Falls geeignet, ist es ratsam eine statistische Auswertung der Ergebnisse anzufertigen. Hierbei können für die OQ statistische Größen wie die Richtigkeit, die Wiederholpräzision und die Prozessfähigkeit herangezogen werden. Die OQ zielt damit, wie bereits genannt, auf das Einhalten der Anforderungen im „kurzfristigen“ Rahmen an den Prozessgrenzen ab, was sich auch in den statistischen Größen widerspiegelt. Die Langfristige Stabilität des Prozesses wird anschließend in der Leistungsqualifizierung / Performance Qualification (PQ) geprüft, doch dazu im nächsten Blogartikel der Reihe Qualifizierung und Validierung mehr. 

Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie Fragen zu einzelnen Themen der Funktionsqualifizierung haben oder eine Einschätzung der Auditsicherheit Ihrer Validierungsdokumentation benötigen. 

Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

Verfasser dieses Blogartikels ist Philipp Köditz (Team Medizinproduktesicherheit). 

 

Quellen: 

DIN EN ISO 13485 

DIN EN ISO 16269-6 

EU-GMP-Leitfaden, Anhang 15 

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