Sieben Bausteine für die Etablierung digitaler Medizinprodukte in der Gesundheitsversorgung
Sieben Bausteine für die Etablierung digitaler Medizinprodukte in der Gesundheitsversorgung

Der BVMed hat ein Positionspapier veröffentlicht, indem über den weiteren Weg der gemeinsamen Datennutzung in unserem Gesundheitssystem geschrieben wird. Die bereits durch die Bundesregierung, verabschiedeten Gesetze für die Digitalisierung in der Gesundheitsbranche müssen nun flächendeckend etabliert werden. Alle Strukturen und Produkte, die in den Gesundheitsbereichen zur Anwendung kommen, basieren auf Daten. Diese Daten dienen dazu, Krankheiten vorzubeugen, frühzeitig zu erkennen und optimal zu behandeln. Sie können eine schnelle und effektive Produktentwicklung ermöglichen und sichern damit eine bedarfsgerechte Patientenversorgung auf einem qualitativ und technisch hohen Niveau. Dieser innovative Vormarsch muss nun Hardware, Software und die genutzten Daten gemeinsam einbinden. Das Ziel soll sein, dass die sensiblen Gesundheitsdaten weiterhin geschützt aber zukunftsorientiert genutzt werden können und dürfen.
Der BVMed sieht dafür sieben wichtige Bausteine für notwendig.

1. Fast Track
Die Voraussetzung für die Anwendung des Verfahrens für digitale Gesundheitsanwendungen ist, dass ein Prüfverfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erfolgreich durchlaufen wurde und diese in einem neu geschaffenen Verzeichnis erstattungsfähiger digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA-Verzeichnis) gelistet wird. Dieses Verfahren ist als zügiger „Fast-Track“ konzipiert. Die Bewertungszeit für das BfArM beträgt drei Monate nach Eingang des vollständigen Antrags. Kern des Verfahrens sind die Prüfung der Herstellerangaben zu den geforderten Produkteigenschaften, vom Datenschutz bis zur Benutzerfreundlichkeit sowie die Prüfung eines durch den Hersteller beizubringenden Nachweises für die mit der DiGA realisierbaren positiven Versorgungseffekte. Mit dem Fast-Track-Verfahren wird zudem erstmals ein umfassendes Anforderungsprofil für DiGA in der Gesundheitsversorgung definiert.

2. Schneller Zugang von digitalen Medizinprodukten aller Klassen
Die jeweiligen Zulassungs- und Bewertungsverfahren sollten an die Eigenschaften von digitalen Medizinprodukten angepasst werden, um die Etablierung digitaler Gesundheitslösungen schnellstmöglich voranzubringen. Es ist notwendig, spezifische und damit an die digitalen Besonderheiten angepasste Erstattungsprozesse einzuführen. Zudem sollte die nationale Gesetzgebung im Einklang mit den regulatorischen Anforderungen der EU an digitale Medizinprodukte stehen. Dabei sollte aber der Einsatz von internationalen Standards gegenüber nationalen Lösungsansätzen erste Priorität haben.

3. Gemeinsame Interoperabilitätsvorhaben mit der BVMed-Branche
Die Digitalisierung kann und sollte nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss im interoperablen Zusammenspiel der einzelnen Digitalbausteine wie DiGA, DiPA (digitale Pflegeanwendungen), ePA (elektronische Patientenakte), Telematikinfrastruktur etc. gedacht und gemeinsam in interdisziplinären Teams und Projekten gestaltet werden.

4. Betriebskosten im Blick
Die sogenannten Major Changes, welche sich aus der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte ergeben, sind nicht einfach umzusetzen und benötigen einen hohen Ressourceneinsatz. Als Major Change unter der MDR zählen das UDI-System (Unique Device Identification) und die veränderten höheren Risikoklassen für Medizinprodukte. Außerdem müssen Datensicherheit und IT-Sicherheit angesichts der zunehmenden Bedrohungslage stets gewährleistet sein. Dazu müssen personelle und materielle Ressourcen aber auch kontinuierliche Investitionen für Sicherheitsmaßnahmen nach dem Stand der Technik zur Verfügung gestellt werden. Aus den genannten Gründen müssen Investitionsprogramme wie das KHZG (Krankenhauszukunftsgesetz) erweitert und fortgeführt werden, um die Gesundheitseinrichtungen in absehbarer Zeit auf einen technisch-aktuellen und international-wettbewerbsfähigen Stand zu bringen und zu erhalten. Das KHZG treibt die Digitalisierung der Krankenhäuser voran.

5. Antragsrecht auf die Nutzung von Daten aus dem Forschungsdatenzentrum
Alle Beteiligten der Forschungen im Medizinsektor sollten den gleichen geregelten Zugang zu Gesundheitsdaten erhalten, damit ein fairer Wettbewerb stattfinden kann. Dabei sollte aber auch darauf geachtet, werden eine Lösung zu erarbeiten und nicht mehrere Insellösungen zu etablieren. Der Datenschutz muss ein zentrales Thema bleiben und darf niemals an Bedeutung verlieren. Die Gesundheitsdaten gewinnen an Wert, wenn sie standardisiert und strukturiert erhoben werden. Aber nicht nur die Lieferung und die Struktur der Daten, sondern auch deren Regulierung muss bundeseinheitlich erfolgen. Alle Patienten und Anwender müssen ohne Einschränkungen über die Nutzung ihrer personenbezogenen Daten bestimmen können. Sie haben das Recht, diese Daten selbst und zur eigenen Behandlung zu nutzen, können sie aber auch zu Forschungszwecken und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung teilen und spenden.

6. Digitale Reife
Das deutsche Gesundheitswesen befindet sich mitten in der digitalen Transformation. Damit dieser Prozess erfolgreich verlaufen kann, müssen alle Patienten und Anwender digitale Informationen und Angebote auch richtig nutzen können. Der digitalen Gesundheitskompetenz nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein. Der Hauptnutzen einer Digitalisierung soll bei den Patienten und Anwendern liegen. Allerdings ist die digitale Kompetenz aktuell sehr ungleich in Deutschland ausgebildet. Dieser Zustand muss angeglichen werden, sodass im Alltag digital verfügbare Gesundheitsinformationen von jedem gleich zu bewerten und zu nutzen sind. Die nötigen technischen Voraussetzungen, wie z.B. hohe Leistungskapazitäten, müssen kurzfristig zur Verfügung stehen, um den Gesundheitseinrichtungen die Möglichkeit zu geben, einen entsprechend hohen digitalen Reifegrad erreichen und Tele-Health-Lösungen etablieren zu können.

7. Meilensteine der zielgerichteten digitalen Versorgung
Die Lösung muss das optimale Zusammenspiel von Hardware und Software darstellen, um langfristig Produkte und deren Qualität zu verbessern. Dafür sind klar definierte Vorgaben in Form von Meilensteinen unerlässlich.

Fazit
Um Deutschland bei der digitalen Gesundheitsversorgung an die Spitze zu bringen, muss die neue Bundesregierung kurzfristig ein e-Health-Zielbild entwickeln und mit Hilfe von definierten Meilensteinen umsetzen. Klare verbindliche Vorgaben sind für die Motivation aller Beteiligten wichtig, weil sie darauf basierend ihre internen Abläufe, die finanziellen Belastungen sowie personelle Ressourcen planen können.
Mit Blick in die Zukunft wird dieser innovative Schritt zu einer zunehmenden Verschmelzung einzelner digitaler und nicht digitaler Produkte, wie z.B. Arzneimittel und digitale Medizinprodukte, zu einem digitalen Ökosystem beitragen.

Sollte das Thema Sie tiefgreifender interessieren, sprechen Sie uns gerne an. Wir freuen uns auf Sie und Ihre Fragen.

Verfasser dieses Blogartikels ist Marie Wilwand (Team Medizintechnik)

Quellen
https://www.bvmed.de/de/bvmed/presse/pressemeldungen/positionspapier-bvmed-stellt-7-bausteine-fuer-die-etablierung-digitaler-medizinprodukte-in-der-gesundheitsversorgung-vor
https://www.bvmed.de/de/versorgung/digitalhealth/digitale-medizinprodukte/daten-retten-leben-digitale-gesundheitsversorgung-in-der-neuen-legislaturperiode/bvmed-positionspapier-digitale-gesundheitsversorgung-in-der-naechsten-legislaturperiode-schwung-aufnehmen-und-mit-digitalisierungsstrategie-zielgerichtet-vorangehen

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