Vor wenigen Tagen wurde die DIN EN 17975:2025 (Verfahren zur Kontrolle der Risiken von Energien und Fluiden bei Instandhaltungsmaßnahmen - Leitfaden) veröffentlicht. Damit gibt es endlich einen europäischen Standard für Lockout Tagout – kurz LOTO. Doch was bringt diese neue Norm mit und was bedeutet es für mein bereits vorhandenes LOTO-System? Wir geben hier einen ersten, kurzen Überblick und können schon mal verraten, dass es nicht eine 1:1 Übertragung des amerikanischen OSHA-Gesetzestext CFR 1910.147 ist. Es werden weitere Blogartikel folgen, welche einzelne Aspekte der Norm im Detail beleuchten, und Interpretationen und Lösungsvorschläge liefern werden.
Fokus auf Risikoanalyse
Die Norm fordert eine Risikoanalyse von den einzelnen Instandhaltungstätigkeiten. Diese soll sich an den Grundzügen der Risikoanalyse aus der DIN EN ISO 12100 orientieren, aber spezifischer auf die Instandhaltungstätigkeit eingehen. Abhängig vom Ergebnis der Risikoanalyse gibt es vier Ebenen, um Lockout Tagout durchzuführen.
Vier Ebenen der Blockade von Energie- und Fluidzufuhr
Die etwas sperrigen Bezeichnungen wurden aus der Norm übernommen. Arbeiten mit einer hohen Risikoeinschätzung sind in 1. zu finden, jene mit einem niedrigeren Risiko in den dahinter liegenden Nummern. Welche Ebene gewählt werden muss, hängt vom Ergebnis der Risikoanalyse ab. Folgende Ebenen werden in der Norm beschrieben:
- Verstärkte Isolierung durch Lockout/Tagout von Energien und Fluiden (RI)
- Erklärung: nicht nur das Ventil oder Kugelhahn wird mit einem Schloss gesperrt, sondern auch ein Teil der Rohrleitung ausgebaut oder durch einen Blindflansch bzw. Steckscheibe dauerhaft verschlossen.
- Standardisolierung mit Lockout/Tagout von Energie (SI)
- Erklärung: altbekanntes LOTO durch abschließen und Kennzeichnen von Energietrennstellen
- Neutralisierung von Energien und Fluiden durch Steuerungssysteme (N)
- Funktionale Sicherheitstechnik der Maschine schaltet alle gefährlichen Energien weg und man sichert die Schutztür gegen Schließen.
- Spezielle Vorkehrungen für Maßnahmen bei vorliegenden Energien und Fluiden (SP)
- wird genutzt bei Test- und Probeläufen von reparierten Maschinen.
Neu daran ist vor allem, dass man jetzt offiziell auf die in Europa häufig verwendete funktionale Sicherheitstechnik für LOTO setzen darf. Die funktionale Sicherheitstechnik schaltet die gefährlichen Energien und Fluide beim Öffnen einer Schutztür weg und erst mit dem Schließen der Tür und dem Quittieren am Bedienpult werden diese wieder zugeschaltet.
Organisatorische Vorgaben
Die Norm fordert mehrere organisatorische Punkte von Betrieben:
- Aufbau eines Verfahrens/Prozess und eines Managementsystems für LOTO-Verfahren am Unternehmensstandort.
- Benennung von Mitarbeitern und deren Funktion im LOTO-System. Es werden mehrere neue Funktionen in der Norm beschreiben.
- Schulung vom Personal im Umgang mit Energie und Fluiden.
- Die Definition der Kennzeichnung der Lockout-Punkte bzw. Energietrennstellen ist wesentlich umfangreicher als der aus den USA bekannte Standard.
- Das Aussehen der Tagout-Anhänger und deren Inhalte werden klar definiert.
Fazit
Viele neue Aspekte zur Umsetzung eines Lockout Tagout Systems ergeben sich aus dieser Norm. Dies soll aber nur ein erster, kurzer Überblick über die Inhalte der neuen DIN EN 17975 sein. Es werden weitere Blogartikel folgen, welche sich detailliert mit den Inhalten einzelner Abschnitte befassen und wie man diese praxisnah umsetzen kann.