Ziele schaffen 2025: Medizintechnik entwickeln und Medizin digitalisieren
Ziele schaffen 2025: Medizintechnik entwickeln und Medizin digitalisieren

Die Digitalisierung wird in der Medizintechnik- und Medizinbranche immer weiter in den Fokus gerückt und wird zukunftsweisend diskutiert.

In diesem Zusammenhang denkt man vielleicht an die hochentwickelten roboter- und computergesteuerten Operationssäle, die eine reine technische Leistung erbringen. Doch auch noch in diesem komplexen Feld der medizinischen Gerätetechnik muss man weiterdenken. Was nutzt es allein das Ergebnis einer medizinischen Leistung zu sehen, wenn man den gesamten Behandlungsprozess qualitativ mit dem Patienten bewerten kann? Gerade in einer Welt, in der viele Fragen rund um das Thema Gesundheit im Internet geklärt und Daten erfasst und ausgewertet werden. Doch während sich die Nutzer in diesem Fall keine Sorgen um ihre Daten machen, sieht es mit dem Datenschutz sensibler medizinischer Patientendaten ganz anders aus.

Der Wunsch und der damit verbundene Druck den Fortschritt in der Medizin voran zu treiben, steigert die Komplexität in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Herstellung in der Medizintechnik. Gleichzeitig wird dieser Prozess jedoch ausgebremst durch hohe regulatorische Anforderungen für Medizinproduktehersteller und den Datenschutz.

Die wichtigen Bereiche der Forschung und Entwicklung sowie der späteren klinischen Bewertungen aber auch die Zulassungsaktivitäten benötigen die Gesundheitsdaten der Anwender von z.B. Krankenhäusern und Apotheken.

Der Zugang zu den stattlich geschützten Daten können die Medizin personalisieren, indem Software und Algorithmen für den Medizin- und Gesundheitsbereich entwickelt werden können. Diese künstliche Intelligenz funktioniert und lernt aber nur mit Anwenderdaten.

Was passiert allerdings, wenn Daten falsch übermittelt werden? Hafte ich dann als Hersteller für meine z.B. in den Verkehr gebrachte Softwareanwendung? Die Frage der Herstellerhaftung stellte sich bereits vor der Diskussion über die Weitergabe der Anwenderdaten und wurde im Produkthaftungsgesetz festgeschrieben. (ProdHaftG). Umso wichtiger ist es für den Hersteller seine Verantwortung von denen des Anwenders abzugrenzen, obwohl dadurch das Haftungsrisiko nicht komplett abgegeben werden kann.

Ein Schritt in die Digitalisierung ermöglichen die E-Health-Gesetze (sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen) aus dem Jahr 2016 und das Digitalen Versorgungsgesetz (DVG) aus dem Jahr 2019. Es ist nun möglich, dass Ärzte/Ärztinnen digitale Gesundheitsanwendungen (z.B. Apps) dem Patienten unmittelbar verschreiben können, sowie auf ein elektronisches Rezept zugreifen können. Durch eine Telematikinfrastruktur (TI) wird der Digitalisierung weiter der Weg geebnet. Kliniken, Apotheken und Facharztpraxen können Patientendaten ohne Umwege austauschen, wenn der jeweilige Patient vorher zugestimmt hat. Das kann durch das Einlesen der elektronischen Gesundheitskarte in Kombination mit einer persönlichen Identifikationsnummer erfolgen. Dieser PIN wird durch die Krankenkassen ausgegeben und ermöglicht einen erweiterten Datentransfer, der über die TI verschlüsselt geschützt ist. Der Patient hat die Möglichkeit seine Datenabfragen jederzeit nachzuvollziehen.

Die verwendeten Systeme zur Datenübertragung werden durch die gematik (Gesellschaft für Telematik) zugelassen und einer Prüfung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) unterzogen. Somit sollen die aktuellen Anforderungen an den Datenschutz erfüllt werden.

 

Neben der bereits im Alltag fest verankerten elektronischen Gesundheitskarte steht den Patienten (gesetzlich Versicherte) seit Januar 2021 die elektronische Patientenakte (ePA) zur Verfügung. Hiermit ist ein Ort entstanden, an dem alle persönlichen Gesundheitsdaten gespeichert werden können. Der Patient hat die Vollmacht über den Inhalt zu entscheiden und relevante Dokumente wie z.B. Diagnosen und Befunde hochladen oder löschen zu lassen. Ab 2022 können digitale Dokumente wie z.B. Impf- oder Mutterpass sowie Zahnbonusheft und Kinderuntersuchungsheft elektronisch in der ePA-App verwaltet werden. Ab dem Jahr 2023 können die Nutzer dieser App ihre Daten der Forschung und Entwicklung neuer Behandlungsformen und Technologien freiwillig zur Verfügung stellen, wie eine Art Datenspende.

Diese enormen Datenmengen (Big Data) müssen natürlich besonders sicher geschützt werden. Diesen Datenschutz will die Bundesregierung durch das Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) ermöglichen, indem die Aufgabenbereiche für Telematik, Ärzte und Krankenkassen festgelegt werden. Für die Interoperabilität wird eine bundesweite Lizenz SNOMED CT erworben, deren Verantwortlichkeiten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) liegen.

Trotz gesetzlicher Grundlagen, die von der Bundesregierung ins Leben gerufen wurden und Förderprogrammen, wie z.B. Medizininformatik, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), wird die Digitalisierung in der Medizin kritisch beurteilt. Es geht hier weniger um Digitalisierung an sich, mehr um die die Sicherheit der Daten und dem Wunsch nach einer einheitlichen bundesweiten Lösung. Nur so können die Daten zentral geschützt werden. „Datenschutz muss weniger als „Wegschließen der Daten“ und mehr als „Schutz der Personenrechte“ verstanden werden.“ [Zielbild Medizintechnik 2025, BVMed / SPECTARIS / ZVEI].

Durch eine sichere Digitalisierung können richtige Informationen zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Personen am richtigen Ort in richtiger Form zur Verfügung gestellt werden. Wenn für die Anwender eine Transparenz für die Weitergabe ihrer Daten besteht, ist eine Digitalisierung in der Medizin aus ethischen und technischen Gründen vertretbar.

Die Digitalisierung als Zielbild der Medizin- und Medizintechnikbranche ist untrennbar von dem Schutz von sensiblen Patientendaten, die durch gezielte gesetzliche Sicherheitsmaßnahmen abgesichert werden. Durch das Verbinden der Themen Software, Sensorik und Medizintechnik werden für die Anwender neue diagnostische und therapeutische Möglichkeiten geschaffen. Somit kann die neuste Medizintechnik zur Regelversorgung von Anwendern werden.

 

Sollten sie weitere Fragen zum Thema Digitalisierung, Datenschutz und regulatorischer Anforderungen im Bereich der Medizintechnik haben, nehmen sie gerne Kontakt mit uns auf.

Verfasser dieses Blogartikels ist Marie Wilwand (Projektingenieurin im Bereich Medizinproduktesicherheit)

 

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