Es ist nicht immer notwendig, ein ganzheitliches formales Verfahren zum Risikomanagement durchzuführen. Die Nutzung von einem angepassten Verfahren ist, abhängig von den Gegebenheiten der Organisation, zulässig. Im Zusammenhang mit einer Prozess-Risikobeurteilung für Herstellungsprozesse ist es von großer Bedeutung, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Bei der Betrachtung der Herstellung eines Medizinproduktes sind bereits viele Vorbetrachtungen zum Produkt abgeschlossen, wie unter anderem die Zweckbestimmung und die vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendungen. Auch die vollständige Nutzen-Risiko-Analyse und die Betrachtung der Herstellung nachgelagerten Phasen werden klar vom Herstellungsprozess und seiner Risikobeurteilung abgegrenzt.
Wenn man das Risikomanagement für Medizinprodukte und deren Prozesse betrachtet, ist das sogenannte Qualitätsrisikomanagement ein interessanter und bedeutungsvoller Aspekt. Der Herstellungsprozess von Medizinprodukten unterliegt hohen regulatorischen Anforderungen im Qualitäts- und Risikomanagement und wird zudem behördlich überwacht. Der Begriff des Qualitätsrisikomanagements wird im Zusammenhang mit den GMP-Leitlinien im Anhang 20 genannt.
Sowohl die MDR, die DIN EN ISO 13485:2016 als auch die DIN EN ISO 14971:2019 beinhalten den Begriff des Qualitätsrisikomanagements nicht, da die GMP nicht eindeutig und ausdrücklich erwähnt wird. Allerdings erfüllen auch die GMP-Prinzipien die Forderung des Risiko- und Qualitätsmanagements für Medizinprodukte. Die GMP wird vorrangig mit dem pharmazeutischen Sektor in Verbindung gebracht, gewinnt aber auch in der Medizintechnik zusehends an Bedeutung und beschreibt Prinzipien der Produktherstellung nach dem Stand der Technik. Von den Herstellern von Arzneimitteln und, in diesem Zusammenhang besonders in den Vordergrund gerückten Medizinprodukten, wird eine gleichbleibende und hohe Qualität gefordert. Unter dem Begriff des Qualitätsrisikomanagements, in Verbindung mit der GMP, versteht man ein strukturiertes Vorgehen zur Identifizierung und Bewertung von Gefahren, die einen Einfluss auf die Qualität des Produktes und damit letztendlich auch auf die Sicherheit von Patienten haben.
Eine Risikobeurteilung als wichtiger Bestandteil des Risikomanagements zeigt, ob eine Gefährdung zu einem kritischen Risiko für das Produkt bzw. den Prozess werden kann. Die GMP-Kriterien fordern, genau wie die MDR und die DIN EN ISO 14971:2019 eine Dokumentation der Analyse und der Bewertung der Risiken. Somit ist die GMP vornehmlich für Herstellungsprozesse anzuwenden. Die Schwerpunkte der GMP liegen unter anderem in den Anforderungen an die Hygiene, Räumlichkeiten, Ausrüstung, Dokumentation, Qualifizierung, Freigabe von Produkten und die Qualitätskontrollen. Wenn für diese Anforderungen eine separate Prozess-Risikobeurteilung benötigt wird, kann der Hersteller das Qualitätsrisikomanagement nutzen, um eine Überwachung und Steuerung der Prozesse gewährleisten zu können. Ein effektives Qualitätsrisikomanagement kann eine hohe Qualität von Medizinprodukten sicherstellen, weil es eine proaktive Methode zur Erkennung und Steuerung potentieller Qualitätsprobleme bei der Entwicklung und Herstellung darstellt. Es kann dazu beitragen, dass bessere und fundierte Entscheidungen getroffen werden können und zeigt wie Unternehmen mit potentiellen Risiken umgehen. Es verbessert somit den Überblick über den Umfang und den Grad der direkten Überwachung. Es soll helfen, dass vorhandenen Ressourcen sinnvoll an den richtigen Stellen eingesetzt werden. Somit kann eine Steigerung der Effizienz der Prozesse angebahnt und erreicht werden.
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Quellen
Bachelorthesis Marie Wilwand: Entwicklung eines Verfahrens zur Durchführung einer Prozess-Risikobeurteilung unter Berücksichtigung der Anforderungen der EU-Verordnung 2017/745 und normativer Anforderungen an das Qualitätsrisikomanagement.